Bestimmt hast du es längst mitbekommen, die TU Dresden ist dieses Jahr für den Negativpreis „Herz aus Stein“ nominiert worden. CAZ-Autorin Lucy Lehmann hat nicht lockergelassen und dazu mehrfach bei den Pressestellen von TU und Uniklinik nachgefragt – aber bis heute keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Was war passiert? Und gibt es tatsächlich im Namen der Wissenschaft Tierquälerei an der Dresdner Uni?
Der Tierschutzverein „Ärzte gegen Tierversuche e.V.“ vergibt seit 2018 jährlich den Negativpreis „Herz aus Stein“, der auf Tierversuche in Deutschland aufmerksam machen soll. Die TU Dresden reihte sich neben Tierversuchen aus Halle, Homburg, Tübingen und Essen in die Liste der Nominierungen für das Jahr 2020 ein. Diverse Medien berichteten bereits im September darüber.
Was waren das für Versuche?
An der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie der Dresdner Uniklinik wurden 78 Axolotl Gegenstand eines Experiments, für das die TU im Nachhinein starke Kritik einstecken musste. Den mexikanischen Schwanzlurchen, die für ihre schnelle Regeneration verletzter Organe und Gliedmaßen bekannt sind, wurde der Hüftnerv durchgeschnitten, um Erkenntnisse über die Heilungsprozesse nach Nervenverletzungen zu erlangen.
Der Verein „Ärzte gegen Tierversuche e.V.“ spricht sich aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen grundsätzlich gegen Tierversuche aus. Für den Negativpreis „Herz aus Stein“ werden nur die, aus der Perspektive des Vereins, grausamsten und unnötigsten Tierversuche nominiert. Die Nominierung der TU Dresden wurde seitens des Vereins damit begründet, dass Axolotl-Versuche sinnlos und die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Experiments nicht auf den Menschen übertragbar seien.
Antworten? Fehlanzeige!
Aufgrund der schweren Vorwürfe hakte ich bei der Pressestelle der TU Dresden, der Tierschutzbeauftragten der TU Dresden und der Pressestelle des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus nach. Die Tierschutzbeauftragte Kerstin Brüchner verwies mich an die Pressestelle der TU Dresden weiter, von der ich jedoch auch nach zweimaliger Anfrage keine Rückmeldung bekam. Als ich mich daraufhin erneut an Kerstin Brüchner wandte, bekam ich auch von ihr keine Antwort mehr.
Stephan Wiegand, Verantwortlicher im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bei der Pressestelle des Universitätsklinikums, antwortete mir zunächst. Nach einem Telefonat wollte er mich einladen und ein Gespräch mit den Verantwortlichen arrangieren. Für eine Terminabsprache wollte er sich erneut bei mir melden – wozu es jedoch nie kam. Also hakte ich wieder nach, aber bis heute folgte keine Antwort.
TU wehrt sich gegen Nominierung
Auf Anfragen der „Dresdner Neuesten Nachrichten“ reagierte die TU jedoch offenbar und wehrte sich gegen die Vorwürfe und die damit verbundene Nominierung. Der Uni-Sprecher Konrad Kästner betont gegenüber der Zeitung, dass Patienten, die unter Nervenschädigungen nach Unfalltraumata oder degenerativen Erkrankungen leiden, aus den Erkenntnissen des Experiments profitieren könnten und das Vorhaben sowohl von der Tierschutzbeauftragten als auch von der Ethikkommission der TU akzeptiert worden sei.
Während sich Vereine wie „Ärzte gegen Tierversuche e.V.“ für alternative, tierversuchsfreie Forschungsmethoden einsetzen, betonen andere Ärzte und Wissenschaftler die Relevanz von Tierversuchen. Die Forschung mit Tieren konnte schon häufig Menschenleben retten, Ersatzmethoden seien nicht ausreichend und der Tierschutz sei in Deutschland ohnehin schon streng überwacht, sind häufig Argumente für Tierversuche in der Wissenschaft.
Muss Tierquälerei an der Dresdner Uni wirklich sein?
Den Negativpreis „Herz aus Stein 2020“ gewann letztendlich das Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar, wo Lungenstücke von Mäusen in eine „Rückenhautklammer“ eingepflanzt wurden. Der Versuch erhielt 2.230 von 7.301 Stimmen, die anonymisiert im Internet abgegeben werden konnten.
Auch wenn die TU Dresden letztendlich „leer ausging“, bleibt dennoch grundsätzlich die Frage, ob an einer Uni wirklich jeder Tierversuch unbedingt sein muss. Was meinst du?
Text: Lucy Lehmann
Bildquellen
- Axolotl: Tinwe@Pixabay