Eine deutschlandweite Initiative setzt sich für die Rückkehr zur Präsenzlehre ein. Jetzt gibt es auch eine Untergruppe an der TU Dresden. Können wir mit „OnlineLeere“ endlich zurück an die Uni?
Seit drei Semestern befindet sich ein Großteil der Studierenden in Deutschland fast ausschließlich in der Onlinelehre. Zwar gab es – auch an der TU Dresden – im vergangenen Sommersemester wieder punktuelle Angebote, etwa Laborpraktika oder kleinere Seminare in Präsenz durchzuführen; diese waren jedoch sehr begrenzt und auch ungleich unter verschiedenen Studiengängen verteilt.
In Anbetracht der andauernden Perspektivlosigkeit breitet sich immer mehr ein Gefühl der Müdigkeit und der Lethargie unter den Studierenden aus. Denn ein Studium macht eben so viel mehr aus als reine Wissensvermittlung über Onlineformate. Die Initiative „OnlineLeere“ will den derzeitigen Zustand nicht länger akzeptieren und setzt sich für eine studierendenfreundliche Perspektive an den deutschen Unis ein.
Wer steckt hinter „OnlineLeere“?
Ursprünglich wurde die Initiative von Studierenden an der Uni Heidelberg ins Leben gerufen und umfasst mittlerweile Ortsgruppen in Münster, Erlangen, Freiburg, Köln, Kiel, Tübingen, Bonn, Leipzig und nun auch in Dresden. Sie versteht sich selbst als überparteiliche und unabhängige Vertretung von Studierenden und Uni-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern und setzt sich für die Rückkehr zur Präsenzlehre ein.
Die Bildung einer Untergruppe in Dresden hat Anna Holzscheiter, Inhaberin des Lehrstuhls für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Politik, angestoßen, nachdem sie ein Video über den Gründer von „OnlineLeere“, Nicolas Battige, gesehen hatte. Paulo Glowacki, der Internationale Beziehungen studiert, hat die Idee dann umgesetzt. Er engagiert sich seitdem maßgeblich für die Initiative.
Was fordert „OnlineLeere“ konkret?
Mittelfristig geht es darum, Hybridveranstaltungen und Teilpräsenzlehre zu ermöglichen; langfristig ist das Ziel aber die vollständige Rückkehr zur Präsenzlehre. Dabei ist den Vertreterinnen und Vertretern natürlich bewusst, dass derartige Entscheidungen weitreichend sind und immer die aktuellsten Entwicklungen abgestimmt sein müssen. Deshalb verfolgt „OnlineLeere“ auch einen kooperativen Ansatz, der darauf abzielt, mit den Unis in Dialog zu treten.
Gleichzeitig soll aber auch – etwa durch Demos – auf Missstände aufmerksam gemacht und die aktuelle Situation nicht länger hingenommen werden. Denn das Verharren in der beinahe reinen Onlinelehre ist in Anbetracht der langen Zeit, die die Pandemie nun schon andauert und wohl auch noch andauern wird, nicht mehr zu rechtfertigen. Paulo Glowacki sagt hierzu: „Es hat ein diskursiver Wandel stattgefunden. Mittlerweile nehmen die Universitäten den Status Quo, der für Studis dem Studium an einer Fernuni gleichkommt, als beinahe normal hin, während die Durchführung von Präsenzbetrieb gerechtfertigt werden muss. Eigentlich müsste aber – mit jedem weiteren Tag, der verstreicht – gerechtfertigt werden, wieso den Studis ihr Recht auf Präsenzbetrieb verweigert wird.“
Wie wichtig sind die Unis?
Laut Paulo Glowacki geht es dabei auch um das gesellschaftliche Verständnis von Bildung und der Bedeutung, die dem Universitätsbetrieb als Teil des Bildungssystems zugewiesen wird: Wie wichtig ist es unserer Gesellschaft und ihrer politischen Vertretung, nicht nur Schülerinnen und Schülern eine Perspektive in Corona-Zeiten zu eröffnen, sondern auch an den Unis endlich eine Alternative zur Online-Lehre zu liefern?
Das Problem
Wieso aber ist die Rückkehr an den Campus so schwierig? Gerade in den letzten Wochen hätten die konstant niedrigen Zahlen doch mehr Präsenz unter angemessen Vorsichtsmaßnahmen erlauben können? Paulo Glowacki verortet die Ursache auf mehreren Ebenen, die sich gegenseitig bedingen: Einerseits verweisen die Unis auf die politische Ebene und fordern konkretere Vorgaben zur Durchführung von Präsenzformaten. Gleichzeitig ist aber auf politischer Ebene das Thema Universitäten so gut wie kaum auf der Agenda.
Das Ergebnis ist ein Stillstand, in dem sich immer mehr auch das Uni-Personal einfügt. Sie ergeben sich aufgrund fehlender Unterstützung bei der Entwicklung pandemiesicherer Konzepte auf der einen Seite und dem Mangel an Planungssicherheit auf der anderen Seite dem Schicksal der Online-Lehre. Gerade das ist aber so fatal: Begegnungen und der soziale Kontakt am Campus tragen zur Vielfalt bei, die eine Uni eben ausmacht. Und der Austausch untereinander ist schließlich nicht nur wichtig, sondern tut einfach auch der Psyche gut.
Präsent bleiben!
Auch wenn es mittlerweile Ankündigungen zu einer Rückkehr zur Präsenzlehre im Wintersemester an der TU Dresden gibt, geht es jetzt mehr denn je darum, Präsenz zu zeigen, um nicht im nächsten Corona-Winter zu versinken. Weitere Infos über die Initiative findest du auf der Instagram-Seite der „OnlineLeere“ oder auf der Website. Darüber hinaus gibt es eine WhatsApp-Gruppe der Dresdener Untergruppe, der du beitreten kannst, um über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben oder auch um selbst aktiv in der Initiative mitzuwirken. Kontakt kannst du zudem über dresden@onlineleere.de aufnehmen.
Text: Lea Heilig
Bildquellen
- genervte Studentin mit Buch auf dem Gesicht: pexels.com/cottonbro