Corona-Impfung – ja oder nein? Das fragen sich derzeit viele. Marcel Tarbier ist Doktor der Molekularbiologie, schreibt regelmäßig für die CAZ und erklärt, wie eine Impfung allgemein wirkt und wie mRNA-Impfstoffe gegen das Corona-Virus funktionieren.
Im April 2020 konntest du bei der CAZ das Corona-ABC lesen. Jetzt versprechen die anlaufenden Impfkampagnen den Anfang des Endes der Pandemie. Hier informieren wir dich über die neuen mRNA-Impfstoffe.
Wie reagiert der Körper auf Krankheitserreger?
Unser Immunsystem reagiert auf Krankheitserreger auf zweierlei Weise:
Erstens: Die „unspezifische Immunantwort“ (auch „angeborene Immunantwort“ genannt) ist oft bereits ausreichend, um eine Infektion zu verhindern. Dabei werden als fremd erkannte Erreger durch verschiedene Barrieren abgehalten oder nach dem Eindringen von Immunzellen zersetzt. Diese Reaktion ist schnell, aber nicht spezifisch auf den Erreger angepasst.
Zweitens: Die „spezifische Immunantwort“ (auch „erworbene Immunantwort“ genannt) entwickelt sich nach dem Erstkontakt mit einem Erreger. Bestandteile der zerstörten Erreger werden dabei durch körpereigene Antikörper erkannt und schließlich werden Zellen, welche die passenden Antikörper bereitstellen, vermehrt. Wichtig ist, dass spezifische Antikörper dann lange Zeit im Blut verbleiben und dass einige Zellen Informationen über die Antikörper speichern (sogenannte Gedächtniszellen), sodass bei einer erneuten Infektion rasch weitere passende Antikörper gebildet werden können. Auf diese Weise ist der Körper besser auf eine erneute Infektion durch denselben Erreger vorbereitet.
Was ist eine Impfung ganz allgemein?
Eine Impfung zielt darauf ab, eine spezifische Immunantwort zu simulieren, sodass das Immunsystem bereits beim Erstkontakt mit einem Erreger gut vorbereitet ist. Traditionell werden dafür abgetötete Erreger genutzt oder es werden bestimmte Bestandteile der Erreger aufbereitet und verwendet. Der Körper erkennt die Erreger oder ihre Bestandteile und bildet Antikörper und Gedächtniszellen. Somit wird das Immunsystem ganz natürlich auf den Erreger vorbereitet.
Was ist ein Vakzin?
Vakzin ist lediglich ein alternativer Begriff für Impfstoff. Er leitet sich aus dem lateinischen „vacca“ ab, was Kuh bedeutet. Dies kommt daher, dass man zur Bekämpfung der Pocken mit Kuhpocken geimpft hatte (sogenannter „Lebendimpfstoff“). Diese Kuhpocken lösen bei Menschen nur milde Symptome aus, schützen aber gegen das tödliche Pockenvirus, da einige Bestandteile ähnlich sind. Im Englischen werden Impfstoffe auch heute noch „vaccine“ genannt.
Was enthält die mRNA-Impfung und wie funktioniert sie?
Sogenannte mRNA-Impfstoffe, wie jene von BioNTech oder Moderna, enthalten mRNA-Moleküle, die in kleinen Fettbläschen verpackt sind, was die Aufnahme erleichtert. mRNA steht für „messenger RNA“ oder deutsch „Boten-RNA“. Diese Moleküle dienen in allen Lebewesen als Zwischenspeicher für Informationen.
Unsere genetischen Informationen sind in der DNA unserer Zellen gespeichert. Bestimmte Abschnitte der DNA werden in mRNA übertragen, welche wiederum als Blaupause für die Produktion von Proteinen dient. Der Informationsfluss ist also gerichtet: mRNA verändert nicht die DNA. Deshalb ist der Begriff „genetischer Impfstoff“ unglücklich und irreführend.
Durch die mRNA-Impfung werden dem Körper also Blaupausen zur Herstellung von bestimmten Oberflächenproteinen des Virus zur Verfügung gestellt. Unsere Zellen stellen diese Proteine dann selbst in geringen Mengen her. Das Immunsystem kann diese Fremdproteine erkennen und Antikörper und Gedächtniszellen bilden. Die Oberflächenproteine selbst sind nicht aktiv und auch nicht schädlich, schließlich sind es ja nur einzelne Verpackungsbestandteile des Virus.
Die Blaupausen (mRNA) verbleiben nicht im Körper, sondern werden nach kurzer Zeit von den Zellen abgebaut. Alles, was bleibt, sind einige Antikörper im Blut sowie die Gedächtniszellen, die so wichtig sind für die Immunität. Der mRNA-Impfstoff selbst, aber auch die durch ihn gebildeten Proteine werden nach kurzer Zeit vom Körper restlos beseitigt.
Reduziert die Impfung die Infektiosität?
Es gibt zu dieser Frage noch keinen wissenschaftlichen Konsens. Empirisch betrachtet scheint es in Ländern mit hoher Impfquote auch abnehmende Fallzahlen zu geben. Rational ist zu erwarten, dass der Impfstoff schon deshalb die Infektiosität zumindest reduziert, weil er symptomatische Verläufe verringert. Und wer keine Symptome hat, wie etwa Husten, verbreitet das Virus auch weniger.
Hier kannst du dich informieren
Fragen rund um den Impfstoff beantwortet Mai Thi Nguyen-Kim von mai-lab.
Die „New York Times“ stellt einen sehr guten Überblick zu den verschiedenen Impfstoffen bereit.
Weiterlesen: Experteninterviews mit Dresdner Professoren
Marcel Tarbier hat mit Professor Alexander Dalpke und Professor Frank Buchholz von der Dresdner Uni-Klinik über die Corona-Impfung gesprochen. Hier kannst du die Interviews lesen.
Marcel Tarbier
CAZ-Autor Marcel Tarbier ist TUD-Alumni, Doktor der Molekularbiologie (Universität Stockholm) und forscht an der medizinischen Universität in Stockholm, dem renommierten Karolinska Institut, an zellulärer Heterogenität.
Bildquellen
- Weltkugel mit Spritze und Maske: Caniceus@Pixabay